05.11.2024
Die Konfigurationseinheit
In den letzten beiden Beiträgen wurde auf den Nutzen des Konfigurationsmanagements bei produzierenden Unternehmen im Übergang von ETO zu CTO (+),sowie bei Betreibern von Maschinen und Anlagen eingegangen. Dort ist Maximilian Böttge (Profit Center Leiter PLM, BDF) auch immer wieder auf die Konfigurationseinheit zu sprechen gekommen, diesw wird folgend näher beleuchtet.
Was ist eine Konfigurationseinheit?
Die Konfigurationseinheit (auch Konfigurationselement oder Artefakt genannt) ist die zentrale Entität im Konfigurationsmanagement. Sie bildet den Verknüpfungspunkt einer Anzahl an zueinander in Beziehung stehenden Arbeitsergebnissen. Sie ist auch der Aufsetzpunkt für den Produktentstehungs- und Produktpflegeprozess relevanter Prozesse. Sie unterliegt einem integrierten Änderungs- und Baselinemanagement.
Daten- und Prozessobjekt Konfigurationseinheit
Die Konfigurationseinheit vereint nicht nur Dateninformationen, sondern dient auch als Aufsetzpunkt für die Prozesse. Damit bildet sie die ursprünglichen Aufgaben des Konfigurationsmanagements zentral ab:
- Planung: Die Konfigurationseinheit bildet den Ausgangspunkt für den Konfigurationsmanagement-Prozess. Sie dient als Planungsobjekt für zu erarbeitende Informationen (bspw. Metadatenklassifizierung) und Objekte (bspw. Dokumente und Materialstämme) sowie dazu Ergebnisse festzuhalten.
- Verwaltung: Die Konfigurationseinheit ist das zentrale Verwaltungsobjekt. Sie führt die Daten zusammen und stellt sie anforderungsbezogen bereit. Dabei ändert sich der Datenfüllstand über die Zeit. Durch die Integration in Änderungsmanagement und Freigabeprozesse ist ihr Status immer transparent darstellbar.
- Steuerung: Auf Basis der Konfigurationseinheit werden Änderungs- und Freigabeprozesse gesteuert. Auch die Aufnahme der Konfigurationseinheit in Baselines zu bestimmten Meilensteinen (bspw. PDR, CDR, PRR) wird hier gesteuert, um die verschiedenen Stände abzubilden.
- Abläufe und Prozesse: Die Konfigurationseinheit ist zentraler Ansatzpunkt für die Prozesse und Abläufe aus Produkt- sowie aus Projektsicht. Dabei sind vor allem Prozesse aus dem Änderungs-, Freigabe- Versions-, Release- und Modulmanagement zu nennen.
Konfigurationseinheit als Spinne im Netz
Um die ihr zugedachten Aufgaben erfüllen zu können, muss die Konfigurationseinheit mit verschiedenen Stamm- und Prozessobjekten sowie Stamm- und Prozessinformationen verknüpft sein. Wir unterscheiden dazu generell zwischen zwei Zuständen der Konfigurationseinheit:
- Neutrale Konfigurationseinheit: Die neutrale Konfigurationseinheit enthält nur neutrale, daher nicht projektbezogene, Informationen. Sie ist Bezugspunkt für eine Freigabe zur Wiederverwendung über Projekte hinweg. Die neutrale Konfigurationseinheit kann mehrere logistisch unterschiedliche aber konstruktiv gleiche Materialien (bspw. unterschiedliche Oberflächenbearbeitungen) zusammenfassen.
- Verwendung der Konfigurationseinheit: Die Verwendung der Konfigurationseinheit bietet die Möglichkeit projekt- und einbauortspezifische Informationen abzulegen. Die Freigabe bezieht sich dabei auf die Verwendung der Konfigurationseinheit im Projekt genau an dieser Stelle. Die Materialauswahl reduziert sich auf ein verwendetes Material. Abhängig ihres Zustandes vereint die Konfigurationseinheit daher verschiedene Daten.
Um die maximal integrierte Wiederverwendung einer Konfigurationseinheit zu ermöglichen, werden dabei nicht nur rein konstruktive Daten wie eBoM, konstruktive Materialstämme und Änderungsnummern aus dem Konstruktionsprozess zusammengefasst, sondern der Datenpool in Richtung der logischen Abwicklung mittels logistischer Materialstämme (1:n konstruktiver zu logische Materialstämme), Arbeitsplänen, Fertigungsaufträgen, Controlling Objekten und Bestellungen bis hin zur Abbildung des IST Standes über technische Plätze und Equipments erweitert.
(Siehe auch Hybride Baukästen von Prof. Dr. Jörg. W. Fischer)
Verwendung der Konfigurationseinheit im Projektabwicklungsprozess
Die Konfigurationseinheit kann im Projektabwicklungsprozess verwendet werden. Unter dem Begriff Model Once – Configure and Reuse Anywhere erkennen wir den zentralen Nutzen der Konfigurationseinheit. Nach der Freigabe zur Wiederverwendung kann die neutrale Konfigurationseinheit in einem Projekt mittels der Verwendung der Konfigurationseinheit genutzt werden. Dort können klassischen Projektabwicklungsprozesse ETO, CTO und CTO+ bedient werden. Durch die Verwendung ist eben auch eine projektspezifische Anpassung und Erweiterung möglich, ohne die Integrität der neutralen Konfigurationseinheit zu gefährden. Durch die unterschiedlichen Freigabetype,
- Freigaben neutrale Konfigurationseinheit: Freigabe zur Wiederverwendung
- Freigabe der Verwendung der Konfigurationseinheit: Freigabe der projektspezifischen Nutzung und deren projektspezifische Anpassung
ist der Status der Konfigurationseinheit und ihrer Verwendung immer klar getrennt und transparent dargestellt. Trotzdem können durch die Verbindung zwischen neutraler Konfigurationseinheit und Verwendung der Konfigurationseinheit projektspezifische Anpassung gesteuert in eine Revision der neutralen Konfigurationseinheit einfließen sowie im Projekt aufgetretene produktbezogene Problemstellungen gesteuert an die Produktpflege weitergegeben werden.
Maximilian Böttge – Profit Center Leiter PLM bei BDF EXPERTS